Das Interview wurde im Rahmen des Launches des Magazins «innov8!» mit Markus Müller (MM), dem Initiant des Magazins geführt.
BF: Markus, ihr gebt mit «innov8!» ein neues Magazin heraus, in dem es um Innovationsthemen geht. Innovation ist seit Jahren in aller Munde, fast in jedem Magazin – egal welcher Couleur - gibt es irgendeine Rubrik, in der es um Innovation geht. Braucht es da nochmals ein Magazin?
MM: Diese Antwort geben uns wohl die künftigen Leserinnen und Leser (schmunzelt). Es ist tatsächlich so, dass der Begriff «Innovation» in den letzten Jahren zum Schlagwort verkommen ist. Fast jede Organisation sagt von sich, dass sie innovativ ist. Oder dass sie es zumindest sein möchte. Was jedoch Innovation in der ganzen Bandbreite bedeutet – das behaupte ich frisch von der Leber weg – wissen die wenigsten.
BF: Kannst du das noch ein wenig ausführen?
MM: Gerne! Ich habe seit bald 20 Jahren viel mit Innovation, Organisationsentwicklung und Veränderung zu tun. Seit bald 10 Jahren bin ich in diesen Themen in Unternehmen als Coach und Moderator und in Seminaren als Trainer unterwegs. Und obwohl insbesondere der Begriff «Innovation» so gängig geworden ist, kann ich fast allen Teilnehmenden nach Schulungen und Workshops ein «aha» oder «cool» entlocken. Das zeigt mir jeweils, dass einzelne Themenfelder zwar bekannt sind. Aber am Ende doch nur oberflächlich.
BF: Was heisst das genau, hast du vielleicht ein Beispiel dazu?
MM: Vor etwa 10 Jahren erschien das Buch «Business Model Generation» von Alex Osterwalder et. al. Das Herzstück des Buches, die Business Model Canvas, kennen heute (fast) alle, die mit Innovation zu tun haben. Die meisten Personen haben auch schon einmal mit der Canvas gearbeitet. Die meisten holen jedoch aus dem simplen Instrument nur 40 – 50 % von dem heraus, was das Tool eigentlich bietet.
BF: Und mit eurem neuen Magazin wollt ihr dem entgegenwirken? Das heisst also, ihr vertieft die Anwendung von Tools und Methoden, ein Leitfaden oder eine Anleitung zur besseren Arbeit mit Innovationstools sozusagen?
MM: Nein, nicht wirklich… um das zu lernen, kommen die Menschen in unsere Trainings und Schulungen. Wir wollen mit dem Magazin eher zum Nachdenken anregen. Wir wollen mit Themen inspirieren. Wir wollen auf Themen aufmerksam machen, die man in den kommenden Monaten und Jahren im Unternehmen unbedingt aufs Parkett bringen sollte. Wir wollen Methodentipps geben und zeigen, wie man ein Thema anpackt. Aber ein Methodenbeschrieb soll es nicht sein.
BF: Ihr schreibt im Prolog, dass die Zielgruppe für das Magazin – ich zitiere - Entscheider*innen im Management seien. Das Magazin sei für jene gemacht, die Innovation verantworten und selten die Zeit fänden, sich operativ mit einem Thema beschäftigen. Müsste so ein Magazin nicht diejenigen ansprechen, die Innovation umsetzen?
MM: Meines Erachtens eben nicht. Ich trainiere, coache und begleite schon seit rund 10 Jahren. Häufig sitzen in der Runde der Teilnehmenden Personen, die sich operativ schon ein Weilchen mit der Materie beschäftigen. In ihrer täglichen Arbeit realisieren sie oft, dass sie mit mehr theoretischem oder Methodenwissen noch viel mehr aus ihrer Arbeit herausholen können. Diejenigen, die also etwas bereits einmal «gemacht» haben, sind danach noch befähigter. Echte Entscheider sitzen jedoch selten in der Runde. Sie sind zwar budgetverantwortlich und somit verantwortlich, dass ihre Mitarbeitenden Weiterbildungen besuchen können. Im Detail wissen die Führungskräfte jedoch nicht so genau, was die Teilnehmenden dort lernen. Auch wenn Teilnehmende nach einer Schulung nicht selten eine Zusammenfassung, von dem, was sie gelernt haben, vor einem internen Team präsentieren. Wir wollen mit dem Magazin allerdings das Mindset umdrehen. Wir wollen nicht, dass Fachspezialisten um eine Schulung bitten müssen. Wir wollen Führungskräfte thematisch sensibilisieren, so dass diese zu ihren Mitarbeitenden gehen und fragen, warum das Innovationsmanagement (Anmerkung: die folgende Aussage bezieht sich auf das Kernthema der ersten Ausgabe von «innov8!») noch nicht in das Thema «Nachhaltigkeit» investiert hat.
BF: Und damit schlägst du gleich den Bogen zum Inhalt der ersten Ausgabe. Warum gerade Nachhaltigkeit als Thema? Ist das nicht schon ein wenig abgegriffen?
MM: Wie erwähnt, das Magazin soll inspirieren. Und gleichzeitig auch «Aktion» auslösen. Ja, der Begriff «Nachhaltigkeit» wird immer mehr strapaziert. Auf eine gewisse Art ist das positiv, denn das zeigt, dass das Thema nun auf der «Hauptbühne» angekommen ist. Wir beobachten den Megatrend schon seit ein paar Jahren. In den meisten Megatrend-Lebenszyklen gibt es in einer
frühen Phase einen sogenannten «Bruch». Das sind entweder Vorkommnisse (bspw. eine Pandemie wie Covid), die eine Entwicklung begünstigen. Das können auch regulatorische Vorgänge wie Steuererhöhungen oder Strafabgaben sein. Nach dem «Bruch» beginnt die grosse Masse sich mit dem Thema zu beschäftigen. Wir befinden uns beim Thema «Nachhaltigkeit» entweder kurz vor oder bereits kurz nach diesem «Bruch», wo die frühe Mehrheit in das Thema einsteigt. Und deshalb wollen wir den Organisationen sagen: «Hey, denkt daran, euch jetzt darum zu kümmern!» Jetzt ist für uns der richtige Zeitpunkt da! Jetzt ist es – nicht aus Umweltsicht, sondern aus Sicht der Wirtschaft – noch nicht zu spät, jetzt kann man noch freier agieren, die Gesetzgebungen lassen das noch weitgehend zu.
BF: Das klingt plausibel! Was für mich allerdings noch nicht so genau nachvollziehbar ist: Ihr gebt viel wertvolle Informationen weiter. Das hat alles Mehrwert für einen Unternehmer oder eine Führungskraft. Andere Magazine kosten Geld! Berater verrechnen für dieses Wissen Honorare! Und euer Magazin ist kostenlos! Normalerweise heisst es doch, was nichts kostet, ist nichts wert!
MM: (lacht!) Das ist nichts anderes als ein Geschäftsmodell! Hast du schon einmal Skype benutzt?
BF: Ja, klar!
MM: Wie viel hast du dafür bezahlt?
BF: Nichts!
MM: Voilà: Das ist ein sogenanntes Freemium-Geschäftsmodell. Die Einstiegsversion ist kostenlos und die tiefergehende Expertise kostet dann Geld, von etwas müssen die ja auch leben (schmunzelt).
BF: Und diese Expertise kostet dann bei euch richtig viel Geld!
MM: (Lacht wieder) Nein… das wäre dann ein «Razor-and-Blade-Geschäftsmodell» wie es bspw. mit Druckerpatronen betrieben wird. Den Drucker kriegst du fast kostenlos auf den Tisch, die Farbpatronen kosten dann richtig Geld! Wir erstellen das Magazin im Rahmen unserer Marketinganstrengungen. Wir wollen zuerst den Abonnenten zeigen: «Hey, die verstehen etwas von der Materie!» Damit wir Interesse auslösen können und diese mit uns zusammenarbeiten wollen.
BF: Du hast ja auch schon diverse Bücher geschrieben. Kann man eigentlich davon gut leben?
MM: Nein, überhaupt nicht! Autoren geht es da fast gleich wie Musikern. Eine Band kriegt bspw. auf einer Streamingplattform ca. 4 Rappen (Anm.: knapp 4 Cent) pro 1'000 gestreamte Songs. Als Autor erhält man vom Verlag zwar ein bisschen mehr, aber davon leben können nur die absoluten Top-Autoren. Letztlich ist ein Buch für 95 % der Autoren dasselbe, wie es mit dem Magazin «innov8!» ist: Ein Nachweis, dass du etwas von einer Materie verstehst.
BF: Kurze Nachfrage noch zu diesem Punkt. Das heisst also im Kontext mit der ersten Ausgabe: Ihr seid Nachhaltigkeitsprofis?
MM: Nein, nicht in der Tiefe. Wir sind Prozessbegleiter und keine expertenzentrierten Berater. Wir bringen eine neutrale Aussensicht in eine Organisation hinein. Unsere Philosophie lautet: Das Wissen, wie man etwas machen müsste, ist schon in der Organisation. Wir holen dies mit unserer Art und Weise, wie wir arbeiten heraus. Das bedeutet, wir müssen in einem Thema nicht die absoluten Profis sein. Wir müssen verstehen, wovon wir sprechen und uns auskennen. Aber wenn wir zu viel verstehen, versuchen wir, der Organisation eine generische Lösung zu verkaufen. Doch jede Organisation ist völlig individuell. Und dann kommt noch etwas hinzu: Wenn die Mitarbeitenden die Lösung selbst erarbeiten, ist sie viel nachhaltiger. Die Lösung ist von ihnen und nicht von einem externen Berater.
BF: Letzte Frage: Wie sieht das Magazin «innov8!» in fünf Jahren aus?
MM: Keine Ahnung! Wir leben Agilität gerne, wir sprechen nicht nur davon! Vielleicht gibt es das Magazin in fünf Jahren nicht mehr, wenn es kein Bedürfnis ist. Vielleicht ist ein Crowd-Magazin daraus geworden, wo verschiedene Autoren frei mitarbeiten. Vielleicht wird mal etwas Kommerzielles draus, ich weiss es nicht. Ich betrachte das Magazin, so wie es jetzt daherkommt, als Prototypen an dem noch «geschraubt» werden darf und muss!
BF: Markus, vielen Dank für das aufschlussreiche Interview. Wir wünschen euch viel Glück mit dem Magazin und kannst du uns noch mitteilen, wie man an das Magazin kommt?
MM: Vielen Dank... und ja, klar! Das ist ganz einfach. Im Browser https://info.soulworxx.com/innov8 eingeben und abonnieren!
Tolles Interview Markus, gratuliere!